Eine Frau mit Schneid und Hosen

George Sand auf Briefmarke Frankreich 2004

Zum 200. Geburtstag der Schriftstellerin erschien in Frankreich MiNr. 3789.

Am 1. Juli 1804 kommt das Mädchen Amantine-Aurore-Lucile Dupin in Paris zur Welt. 28 Jahre später wird sie unter dem Namen George Sand ihren ersten Roman veröffentlichen und nicht zuletzt aufgrund ihrer unorthodoxen Lebensweise und ihrem unbändigen Freigeist zu Weltruhm gelangen. Sie ist vier Jahre alt, als ihr Vater bei einem Reitunfall ums Leben kommt. Daraufhin lebt sie mit ihrer Mutter einige Zeit auf dem Landgut Nohant ihrer adeligen Großmutter väterlicherseits, die aber ihrer Schwiegertochter nicht wohlgesonnen ist. Die Spannungen zwischen den beiden erwachsenen Frauen belasten das junge Mädchen sehr. Ihre Mutter verlässt das Landgut zwei Jahre später, um wieder in Paris zu leben und lässt ihre junge Tochter zurück. Die Enkelin ist der Augapfel der Großmutter, die in ihr einen Ersatz für den verstorbenen Sohn findet. Sie lässt ihrer Enkelin eine aristokratische Erziehung angedeihen.

Haus von George Sand auf Briefmarke aus Frankreich von 2013

Landsitz von George Sand auf französischer Briefmarke von 2013, MiNr. 5649.

Aurore erbt mit 17 Jahren den Landsitz der Großmutter und heiratet gegen den Willen der Mutter den mittellosen Leutnant Casimir Dudevant. Die  intellektuelle Schlichheit ihres Gatten lässt sie jedoch bald der Ehe überdrüssig werden und sie wehrt sich nicht gegen diverse andere Bekanntschaften. Zahlreiche Liebeleien werden Aurore nachgesagt. Sie gebiert zwei Kinder, wobei die letztgeborene Tochter Solange vermutlich unehelich zustande gekommen sein dürfte. Um Geld zu verdienen, beabsichtigt Aurore zu schreiben. Zusammen mit ihrem Kollegen und späterem mutmaßlichen Liebhaber Jules Sandeau schreibt sie Glossen und Artikel für die „Revue de Paris“ und den satirischen „Figaro“. Unter dem Synonym George Sand wird ihr erster Roman „Indiana“ 1832 veröffentlicht. Schon ihr dritter Roman „Léila“ verursacht einen veritablen Skandal: die Protagonistin fordert Gleichberechtigung der Geschlechter und lebt ungehemmt ihre Sexualität aus. Auch religiöse Werte und die gesellschaftliche Etikette werden in dem Werk schamlos in Frage gestellt.

Während ihr Ehegatte auf dem Landgut in Nohant verweilt, verbringt George Sand viel Zeit in Paris und bereist Europa. Aus finanziellen und pragmatischen Gründen trägt sie oftmals Männerkleidung, lange bevor andere Frauen dies wagten: so kann sie auch bei Regen in die Theater und da auch die preisgünstigeren Plätze in der ersten Reihe besetzen. Immer wieder verwickelt sie sich in Romanzen und überwirft sich mit ihren Liebhabern. Im Frühjahr 1835 verständigt sich das Ehepaar über eine Trennung, die Casimir dann aber verwirft: er will nicht auf den Landsitz in Nohant und den damit verbundenen Lebensstil verzichten. George Sand engagiert daraufhin einen Rechtsanwalt aus Bourges, der ihr bei der Trennung von ihrem Ehegatten helfen soll. Auch mit diesem Herrn, er ebenfalls verheiratet, beginnt sie eine kurze Affäre. Schließlich spricht ihr ein Gericht in Bourges den Landsitz zu und Casimir muss in ein Mietshaus in Paris umsiedeln. Bis zu seinem Tod erhält er allerdings eine kleine Rente von seiner Ex-Frau.

George Sand auf Briefmarke Frankreich 1957

1957 erschien die Schriftstellerin auf einer französischen Zuschlagsmarke, MiNr. 1140.

1836 lernt George Sand den sechs Jahre jüngeren Pianisten Frédéric Chopin kennen, mit dem sie ab 1838 einige Jahre als Paar, unter anderem mit Aufenthalten auf Mallorca, verlebt. Intrigen ihrer Tochter Solange entzweien das Paar jedoch neun Jahre später. Obwohl George Sand immer wieder unter Migräneanfällen, Magenschmerzen und rheumatischen Beschwerden leidet, schreibt sie täglich bis zu acht Stunden, zumeist nachts. Sie veröffentlicht in ihrem Leben insgesamt 180 Bücher, schreibt unzählige Zeitungsartikel und etwa 40 000 Briefe. Die umtriebige und selbstbewusste Frau verlegt für kurze Zeit eine eigene Zeitung, lässt ihre Tochter Hosen tragen, ist bekannt mit Künstlern und Mächtigen: Der Schriftsteller Honoré de Balzac und Staatspräsident Louis Napoléon, der sich später selbst zum Kaiser krönt, zählen zu ihrem Bekanntenkreis. Im späten Frühling von 1876 leidet sie in Nohant unter starken Bauchschmerzen und lässt einen Arzt aus Paris anreisen, der jedoch keine Hilfe weiß. George Sand verstirbt am 8. Juni 1876 mit 72 Jahren qualvoll an Darmverschluss.

Authored by: Boris M. Hillmann

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