Reformator des Operngenres

Reformator des Operngenres

Sie werden jetzt eine Oper hören. Weil diese so prunkvoll gedacht war, wie nur Bettler sie erträumen, und weil sie so billig sein sollte, dass Bettler sie bezahlen können, heißt sie Dreigroschenoper“ (Bertolt Brecht).

Die meisten verbinden mit dem Stück nur den großen Dichter Brecht. Aber wie der Name schon sagt, spielt auch die Musik in diesem Bühnenwerk keine unbedeutende Rolle. Die Dreigroschenoper erscheint daher als Unikat sowohl in Schauspiel- als auch in Opernführern. Ob es nun eher als Oper oder als Schauspiel zu betrachten ist – da scheiden sich die Geister.

Fakt ist, die Dreigroschenoper entstand aus der Zusammenarbeit Brechts mit dem Komponisten Kurt Weill, an dessen 115. Geburtstag wir heute erinnern möchten.

Ende April 1927 treffen sich die beiden Künstler erstmalig, um gemeinsam etwas Neues zu schaffen. Der konservative Theater– und Opernbetrieb scheint den beiden eingestaubt und überholt, weshalb sie ein neues Genre formen wollen. Das erste Ergebnis ihrer Zusammenarbeit ist das Stück „Mahagonny“. Weill erneuert mit diesem Stück die Opernmusik auf dreifache Weise. Er setzt den Chor aus lediglich zehn Musikern zusammen. Die Sänger und Sängerinnen werden mit einem neuen Gesangsstil konfrontiert, der sich an der zu dieser Zeit populären Musik orientiert. Darüber hinaus sind die einzelnen Stücke ineinander geschlossen.

Kurt Weill auf Briefmarke der BRD 2000

Die BRD brachte im Jahr 2000 eine Briefmarke zum 100. Geburtstag des Komponisten Kurt Weill heraus.

Nach diesem ersten geglückten Versuch des Zusammenwirkens mit Weill besteht Brecht darauf, wieder mit dem Komponisten zusammen zu arbeiten, um eine Bearbeitung und Inszenierung des Werkes „Beggars Opera“ von John Gay auf die Bühne des Berliner Theaters am Schiffsbauerdamm zu bringen. Nach nur zwei Monaten können die Proben beginnen. Am 31. August 1928 wird die Dreigroschenoper uraufgeführt. Das Werk hätte wohl ohne die musikalischen Kompositionen Weills keine derartige Popularität erlangt. Immer wieder versuchen sich Künstler an einer Neuinterpretation, wie Klaus Maria Brandauer, der dafür im Jahr 2006 den Sänger der Toten Hosen, einer der bekanntesten deutschen Rockbands, auf die Bühne holte.

Die Verbindung zwischen zeitgenössischer Literatur und Musik zieht sich wie ein roter Faden durch die ganze Karriere des am 2. März 1900 als Sohn eines jüdischen Kantors geborenen Kurt Julian Weill. In eine sehr musikalische Familie hinein geboren, beginnt die Ausbildung Weills in diesem Bereich sehr früh. Ab 1912 erhält der kleine Kurt Klavierunterricht, den Grundstein des musikalischen Verständnisses. Schon als Kind begeistern Kurt das Operngenre und das Theater. 1913 stellt der kleine Musiker seine erste Komposition fertig. Albert Bing, der ab 1915 als Hofkapellmeister am Hoftheater tätig ist, vertieft die kompositorischen Kenntnisse Kurt Weills, der ab 1916 den Platz am Klavierhocker wechselt und selbst zum Musiklehrer wird. Da er 1918 ein Stipendium erhält, schreibt er sich an der Berliner Hochschule für Musik ein. Doch da sich seine Eltern in einer finanziellen Notlage befinden, bricht er sein Studium kurz nach dem Beginn ab, um sie durch Unterhalt, den er mit einer Anstellung als zweiter Kapellmeister am Stadttheater Lüdenscheid verdient, zu unterstützen. Als seine Eltern wieder fest auf beiden Beinen stehen, setzt er sein Studium, das er 1923 abschließt, fort.

Nach seinem Studienabschluss beschäftigt sich Kurt Weill mehr und mehr mit dem Genre „Oper“. 1926 schafft es seine erste Oper, „Der Protagonist“, die er gemeinsam mit dem Bühnenautor Georg Kaiser auf die Beine stellte, auf die Bühne. In den folgenden Jahren folgt die Zusammenarbeit mit Bertolt Brecht, die 1930 ein Ende findet, da sich die beiden Künstler uneins werden. Brecht macht sich für eine Stärkung des Wortes stark, Weill sieht dagegen in der Musik den zentralen Aspekt der Oper. „Der Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ stellt das letzte Werk des gemeinsamen Schaffens dar. Bei der Uraufführung der Oper kommt es aufgrund der Kapitalismuskritik des Stücks zu rechtsradikalen Krawallen. Weill und Brecht sehen sich zunehmend mit dem Hass aus den Reihen der Nationalsozialisten konfrontiert.

Als die Nationalsozialisten 1933 schließlich die Macht übernehmen, verbieten sie die Musik Weills. Sie beschuldigen den Komponisten aufgrund seiner politisch engagierten Werke als Kulturbolschewisten. So emigriert der Musiker über Paris und London in die Vereinigten Staaten, wo er das Angebot erhält, die Oper „Der Weg der Verheißung“ zu beaufsichtigen. Weill und seine Frau, die Sängerin Lotte Lenya, nehmen schließlich die amerikanische Staatsbürgerschaft an. Seine Arbeit am Broadway ist von vielerlei Erfolgen geprägt. Das Musical „One Touch of Venus“ (1943) übertrifft den bereits großen Erfolg des ersten Stücks „Lady in the Dark“ von 1940. Während des Krieges engagiert sich Weill darüber hinaus an Aktionen zum Kampf für den Frieden und schreibt die Musik für antifaschistische Texte, um den Kampf gegen die Nationalsozialisten von seinem Exil und seiner neuen Heimat aus aufzunehmen.


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Authored by: Stefanie Dieckmann

There are 2 comments for this article
  1. M. at 10:24

    Da sind Sie der Zeit aber ziemlich weit voraus. So ziemlich genau 10 Jahre. 🙂

  2. Udo Angerstein at 11:07

    Sie haben natürlich recht, aber in der Eile… Danke für den Hinweis!

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